Ausgabe 3/2024

Weltklasse-Sound made in Tribschen

Vielleicht haben Sie ihn schon im Kino gesehen, den neuen «Emil-Film». 46 Jahre nach «Die Schweizermacher» ist Emil Steinberger wieder auf die Leinwand zurückgekehrt. Am Film mitgemischt hat auch ein Unternehmen aus unserem Quartier: im wahrsten Sinn des Wortes. René Zingg von Soundville Media Studios AG war für den guten Ton zuständig. 

von Fredy Zurkirchen, Redaktion

 

 

«Was hältst Du von einer Demo und Kaffee?» Mit diesen Worten in grossen Lettern lädt das Unternehmen auf seiner Webseite Interessierte zu sich an den Grimselweg ein. Wenig überraschend also, dass mich René Zingg als erstes direkt zum grossen Kaffeeautomaten führt und mir eine Tasse Kaffee anbietet.

 

«Ein Mekka für Audio- und Filminteressierte» 

Der Studiorundgang wird zur Tour durch ein faszinierendes Labyrinth aus Mikrofonen, Kabeln, Bildschirmen, Reglern, Recordern, Lautsprechern und haufenweise weiterer Audio- und Filmtechnik, von modern bis Jahrzehnte zurück in analoge Zeiten. Ich bin beeindruckt. Hinter der Fassade eines schmucklosen Gewerbebaus verbirgt sich auf zwei Etagen und einer Fläche von rund 700 m2 eine branchenführende Infrastruktur für Audio-, TV- und Filmproduktionen. Insgesamt neun Studios gibt es hier: zwei Aufnahmeräume, beide State of the Art, zwei moderne Regieräume mit riesigen Mischpulten, einer sogar Dolby Atmos zertifiziert, ein 80m2 grosses Film- und Videostudio inklusiv grossem Kamerakran, Räume für die Postproduktion (Bildschnitt und Farbanpassungen), einen Green- und Bluescreen-Raum. Dazu kommen Büros, Aufenthalts- und ein separater Technik-Raum. «Wir sind zwar nicht das grösste Studio in der Schweiz, aber eines der ältesten und das einzige, das seinen Kunden alle Audio- und Filmdienstleistungen unter dem gleichen Dach anbietet», sagt René Zingg. «Gestartet sind wir als reines Musikstudio. Ende der 1990er Jahre erweiterten wir unser Angebot mit der Bildsparte. Heute teilt sich unser Umsatz etwa hälftig auf die beiden Bereiche auf. Für den Sound allein wäre unser Markt zu klein.»

 

Schon als Schüler ein Audio-Nerd

Das Interesse für Ton und Musik hat René Zingg wohl von seinem Vater geerbt, der in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne filmte und auch Tonaufnahmen machte. «Schon als Schüler bastelte und baute ich Lautsprecher und Stereoanlagen zusammen. Ich lernte mehrere Instrumente und spielte als Schlagzeuger in vielen Bands mit. Und egal wo, immer war ich derjenige, der sich um die Bandaufnahmen kümmerte. Ich war völlig angefressen von der Technik, wie man Sound perfekt aufnimmt und wiedergibt. Ich war ein richtiger Audio-Nerd - und bin es wohl bis heute geblieben. 

 

Nach der Matura wollte René Zingg eigentlich Elektrotechnik studieren. Aber es kam anders. «Als Studioschlagzeuger jobbte ich damals in einem Tonstudio. Ich dachte mir, das kann ich auch und beschloss, mein eigenes Tonstudio zu bauen.» Er lacht: «Der erste Businessplan, den ich der Bank vorlegte, war ein A4-Blatt mit der Auflistung von allerlei Technik, die ich mir für mein Studio beschaffen wollte». Dank der Unterstützung durch seine Eltern klappte es dann doch mit einem Kredit. In einer Vierzimmerwohnung an der Hertensteinstrasse baute und betrieb René Zingg sein erstes Tonstudio. 1982 nahm die Schweizer Mundart Rockband «Span» ihren Hit «Louenesee» dort auf. 1985 erfolgte der Umzug an den Grimselweg. 

 

Begegnung mit Tom Hidley

Wegweisend für seine Entwicklung war 1985 das Zusammentreffen mit Tom Hidley, dem «Papst der Studioakkustik» jener Zeit. «Tom lebte damals in Montreux. Zwischen uns entstand eine besondere Verbindung. In gewisser Weise adoptierte er mich als seinen Audio-Sohn. Dank dieser Begegnung steht hier am Grimselweg ein Tom Hidley Studio.» 

 

Sein ganzes Wissen über Ton und Film hat sich René Zingg autodidaktisch angeeignet. Schon früh reiste er in die USA und besuchte die meisten namhaften Tonstudios und ihre Consultants. Er nahm an allen grossen Conventions der Audio-Industrie teil, bildete sich so weiter und konnte sich dort mit der Szene vernetzen. «Erst später habe ich ein Studium in Wirtschaftsinformatik abgeschlossen. Ich praktizierte stets «Management by Grind aschloh!». Die Tatsache, dass es uns heute noch gibt, zeigt, dass wir trotzdem einiges richtig gemacht haben», sagt Zingg. Heute gilt René Zingg selbst als ein Urgestein in der Audio-Branche.

 

Schon hunderte Projekte realisiert

René Zingg und sein Soundville Studio lösen in den Ohren vieler Musiker und Filmemacherinnen einen Wohlklang aus. Viele hundert Studioaufnahmen aus allen Musikgenres sind hier im Laufe der Jahre entstanden. Bekannte Namen wie Krokus, Span, Vera Kaa, Macy Gray, Philipp Fankhauser gingen hier ein und aus und nahmen Alben auf. Einen besonders prominenten Platz in der Firmengeschichte nimmt der von Céline Dion gesungene Schweizer Eurovisions-Siegertitel «Ne partez pas sans moi» ein, der hier produziert wurde.

 

Im Alltag aber stehen lokale und nationale Produktionen im Fokus. Im Rahmen des Nachwuchswettbewerbs »Sprungfeder» unterstützt Zingg auch junge Zentralschweizer Musikerinnen und Musiker. Die Gewinner können drei Songs im Soundville Studio aufnehmen.      

 

Hinzu kommen natürlich Dutzende von Filmproduktionen, Bild-Vertonungen, Werbespots für Firmen wie Swisscom, UBS, Swatch, Emmi, SRF, Schindler, Die Post, IMAX Luzern und viele andere. «Meist stehen wir mit diesen aber nicht in direktem Kontakt, sondern wir arbeiten mit den Produktionsfirmen oder Agenturen zusammen, die von diesen beauftragt werden», sagt Zingg. 

 

Ein besonderes Highlight für René Zingg war 2024 die Mitarbeit am «Emil-Film». Er war für das aufwändige Dialog-Editing und die Tonmischung verantwortlich. Tonmaterial aus vier Jahrzehnten musste bearbeitet, zusammengeführt und abgestimmt werden. Ein anderer Höhepunkt war die Unterstützung der Hörsystemfirma Phonak bei der Lancierung ihrer neuesten Hörgerätegeneration. Diese fand in Las Vegas im «SPHERE», einer kugelrunden Eventhalle der Superlative statt. «Den Sound für diese ikonische Location mit der weltgrössten LED-Wand und über 160'000 Lautsprechern mit zu produzieren, war schlicht grossartig!»  

 

Was bringt die Zukunft?

2025 steht ein doppeltes Jubiläum an. Soundville feiert sein 40-jähriges Bestehen an seinem jetzigen Standort.. Auch auf René Zingg wartet ein runder Geburtstag: sein Siebzigster. Ein Rückzug ins Pensionärsleben aber fehlt in seiner Agenda. «Kenne ich nicht, was ist das?»  Lieber erzählt er von seinen Plänen, die er mit Soundville noch alle umsetzen will. Aktuell steht der Bau eines neuen Regieraums im Fokus. Zudem gilt es, zusammen mit seinen jungen Partnern der Firma Orisono über den Studio-Neubau nachzudenken und diesen zu planen. Denn spätestens 2030 ist hier am Grimselweg Schluss. Dann werden die Studioräume Wohnungen weichen müssen. Auf René Zingg wartet also noch viel Arbeit. Arbeit, die für ihn Leidenschaft ist.

 

Einen Einblick in eine Studioaufnahme bei Soundville bietet dieses Video.

 

www.soundville.ch