Ausgabe 3/2024

Strassennamen - Strategie oder Zufall

Die wachsende Tribschenstadt als Beispiel für das bestehende Strassennamen-Konzept mit bald neuer Promenade und neuem Platz.

von Arnhild Walz-Rasilier, Redaktion

 

 

«Kürzlich fragte mich ein Besucher, wer Anna Neumann war. Wir standen am Schild der Anna-Neumann-Gasse und obwohl ich seit vielen Jahren im Quartier wohne, musste ich gestehen, dass ich es nicht wusste. Umso beeindruckter war ich von der Vita der unerschrockenen ersten Luzerner Ärztin (1868-1946), die als Namensgeberin fungierte.  Grund genug, auch die anderen Personennamen der Tribschenstadt zu recherchieren und auch gleich bei der Stadt anzufragen, wie es zur Vergabe von Strassennamen kommt. 

 

Meine Anfrage wurde von der Stadt direkt mit dem Hinweis, dass die Vergabe von Strassennamen eine kommunale Angelegenheit sei und einem Leitfaden zur Benennung von Verkehrsanlagen beantwortet. Diesem entnahm ich, dass im Geoinformationszentrum an der Industriestrasse 6 Vorschläge für neue Strassennamen ausgearbeitet werden und dem Stadtrat die Entscheidung darüber obliegt.    

 

Besuch beim Geoinformationszentrum

Kurzfristig erhielt ich einen Termin bei der Leiterin des Geoinformationszentrums, Frau Zilmil Bordoloi, sowie Herrn Paul Roth des Projektportfoliomanagements. Herr Roth präsentierte sogleich das 3D-Stadtmodell  und demonstrierte: «Die Stadt Luzern ist vollendet. Es gibt Jahre ohne neue Anträge für neue Strassen oder vielleicht ein oder zwei Anträge pro Jahr. Die Anzahl der Benennungen ist klein und die Namen sind kurz zu halten, um die Übersichtlichkeit und Lesbarkeit von digitalen und analogen Karten zu wahren.   Umbenennungen werden weitestgehend vermieden.» 

 

Tribschenstadt als Beispiel   

Aspekte des Konzepts lassen sich am Beispiel der Tribschenstadt erklären: Bestehende Strassen und Strassennamen sind zu verlängern, was bei der Bürgen- und Landenbergstrasse geschah. Die neuen Querstrassen wurden grundsätzlich nach Frauen benannt, die für die Stadt Luzern von Bedeutung sind: Anna-Neumann-Gasse, Johanna-Hodel-Gasse und Cécile-Lauber-Gasse.  

 

Meinen Vorschlag nach Persönlichkeiten benannte Strassen und Gassen mit einem Zusatz zu Beruf und Lebenszeit der Person zu versehen findet  Frau Bordoloi eine gute Idee für neue Strassenschilder, verweist bei bestehenden Schildern auf die Kosten. Eine Überlegung sei jedoch dies als Projekt bei dem digitalen Stadtplan, einem Plan für StadtbewohnerInnen und BesucherInnen in Betracht zu ziehen. 

 

Unterschied zwischen Strassen und Gassen

Grundsätzlich sind nur Strassen zu benennen, die der Erschliessung von Gebäuden dienen. Anfang und Ende einer Strasse sind durch begrenzende Strassen zu bezeichnen. Allgemeine kleinere Verkehrswege sind Hinweise auf eine Gasse. Diese sind zwischen eng beieinander stehenden Häusern. Historisch gibt es jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel.

 

Der Leitfaden über die Benennung von Verkehrsanlagen gibt einen guten Überblick der allgemeinen Grundsätze wie eine Vergabe erfolgt, nach denen die Benennung nach konkreter Priorisierung und Namensgebungskonzept erfolgt. Handwerksbezeichnungen, Motivbenennungen aus dem Tier- und Pflanzenreich, Flurnamen oder gar Personennamen.

 

Kriterien bei der Vergabe

Laut Frau Bordoloi werden grundsätzlich nur verstorbene Personen, die sich sozial, politisch oder finanziell für die Stadt verdient gemacht haben und einen Bezug zur Stadt Luzern haben (Geburtsort, Wirkungsstätte) geehrt. Oft haben diese die «Goldene Ehrennadel» der Stadt erhalten. Auch müssen Lebenspartner und Nachkommen mit der Ehrung einverstanden sein.  

 

Aktuelle Strassennamen

Herr Roth erläutert: Im Rösslimatt-Areal in der ersten Bau-Etappe beim Luzerner Güterbahnhof hat die SBB Immobilien den Wunsch geäussert bei der Namensgebung für den Abschnitt entlang des neuen Geschäftshauses einen industriellen Pionier zu berücksichtigen. «Der Stadtrat hat entschieden, dass die Rösslimatt eine Walter-von-Moos-Promenade erhält. Der 2016 verstorbene Luzerner Industriepionier war Gründer der gleichnamigen Stahlwerke und erhielt 1992 die Ehrennadel der Stadt. Der Name Walter von Moos mit Bezug zu Stahl und Schienenbau passt perfekt zu diesem Gebiet», sagt Roth. In dieser weit fortgeschrittenen ersten Bau-Etappe bietet die Hochschule Luzern Platz für 3000 Studierende, 6500 Weiterbildungsteilnehmende und 400 Mitarbeitende. Im Gebäude des Pharmaunternehmens MSD (Merck Sharp & Dohme) werden 800 Mitarbeitende einen Arbeitsplatz finden. Der Einzug von MSD ist 2026 geplant, der Bezug der Hochschule Luzern 2025. Der neu gestaltete und zentral gelegene Platz beim Lift der Bahnhofsüberführung Frohburgsteg zwischen dem bestehenden Hotel Radisson Blu an der Bürgenstrasse und dem Neubau mit der Walter-von-Moos-Promenade wird nach der bekannten, 2022 verstorbenen Luzerner CVP-Politikerin «Judith-Stamm-Platz» heissen. Die feierliche Einweihung der neuen «Walter-von-Moos-Promenade» und des neuen «Judith-Stamm-Platz» erfolgt voraussichtlich Ende 2025 / Anfang 2026.

 

«Das Tribschenquartier ist im Umbruch und die Überbauung wird sich voraussichtlich nicht vor 2040 mit Fortschritt des Projekts Durchgangsbahnhof Luzern ganz erschliessen lassen», bemerkt Herr Roth.

 

Wenn Sie sich etwas wünschen könnten, was wäre das?

Auf die Frage, was sie sich wünschen würden, sind sich sowohl Frau Bordoloi wie Herr Roth einig. Der digitale Stadtplan zeige nicht nur Geodaten wie die Quartiergrenzen, sondern biete auch viele hilfreiche Hinweise in Rubriken wie «Quartier und Treffpunkte». Daher betonen beide Gesprächspartner:

 

«Wir würden uns über Hinweise aus der Bevölkerung freuen, sollten beispielsweise Spiel- oder Begegnungsstätten zu ergänzen sein oder auch Informationen wie Quartierführungen oder sonstige Freizeitangebote hinzugefügt werden können. Vorschläge für eine aktive Nutzung des digitalen Stadtplans nehmen wir immer dankend entgegen.»